Verwendung fleischbezogener Bezeichnungen für pflanzliche Produkte
1. Einordnung
Die Verwendung von Begriffen wie „Poulet“, „Bratwurst“ oder „Schnitzel“ für pflanzliche Alternativprodukte hat in der Schweiz stark zugenommen. Solche Bezeichnungen erinnern gezielt an klassische Fleischprodukte – sprachlich, visuell und emotional. Sie nutzen Begriffe, die mit Handwerk, Herkunft und Qualität verbunden sind, obwohl die Produkte gänzlich anders zusammengesetzt sind.
Am 2. Mai 2025 hat das Bundesgericht in einem Grundsatzentscheid klargestellt: Fleischbezeichnungen dürfen nicht für vegane Produkte verwendet werden, wenn diese geeignet sind, Konsumentinnen und Konsumenten über die wahre Beschaffenheit der Ware zu täuschen. Das Gericht hält fest, dass die Bezeichnung eines veganen Produkts als „planted.chicken“ gegen die Pflicht zur wahrheitsgemässen und nicht irreführenden Kennzeichnung gemäss Art. 18 LMG verstösst.
Damit bestätigt das höchste Gericht, dass irreführende Begriffsnähe zu tierischen Lebensmitteln nicht zulässig ist – auch wenn gewisse Hinweise auf die pflanzliche Basis vorhanden sind.
2. Marktsituation und rechtlicher Rahmen
Die Verordnung über tierische Lebensmittel (VLtH) regelt klar, wann Begriffe wie „Fleisch“, „Schnitzel“ oder „Bratwurst“ verwendet werden dürfen. Für pflanzliche Imitate existiert bislang keine gleichwertige Präzisierung auf Verordnungsebene. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat in der Vergangenheit mit Informationsschreiben Orientierung geboten, diese sind jedoch rechtlich nicht verbindlich.
Das Bundesgerichtsurteil schafft nun Rechtssicherheit. Es stärkt die Position all jener, die sich seit Jahren für mehr Klarheit und Konsumentenschutz bei der Kennzeichnung pflanzlicher Produkte einsetzen.
3. Unsere Haltung
Proviande bekennt sich zur Wahlfreiheit: Konsumentinnen und Konsumenten sollen frei entscheiden können, was sie konsumieren. Dafür ist eine transparente, eindeutige und gesetzlich geregelte Deklaration essenziell.
Begriffe wie „planted.chicken“, „vegane Bratwurst“ oder „Poulet-Alternative“ greifen auf die Sprache der Fleischwelt zurück, ohne deren Merkmale zu erfüllen. Aus Sicht von Proviande ist dies problematisch – insbesondere wenn die pflanzliche Herkunft nicht auf den ersten Blick erkennbar ist. Eine irreführende Aufmachung widerspricht nicht nur dem Konsumentenschutz, sondern schwächt auch die Glaubwürdigkeit der gesamten Lebensmittelbranche.
4. Wichtigste Positionen von Proviande
• Proviande begrüsst das Urteil des Bundesgerichts vom 2. Mai 2025 ausdrücklich. Es stellt die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten in den Mittelpunkt und schafft klare Leitlinien.
• Proviande fordert eine verbindliche Regelung auf Verordnungsebene zur Bezeichnung pflanzlicher Produkte, die eine klare Unterscheidung von Fleisch sicherstellt.
• Proviande spricht sich gegen die Verwendung geschützter Fleischbegriffe für vegane oder vegetarische Produkte aus, sofern keine eindeutige pflanzliche Herkunft und Abgrenzung erkennbar ist.
• Proviande anerkennt die bisherigen Bemühungen des BLV und ermutigt zur zeitnahen Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens.
• Proviande sieht in Ländern wie Frankreich ein Vorbild für die Einführung eigenständiger Bezeichnungen für pflanzliche Produkte, ohne Rückgriff auf Fleischterminologie.
5. Fazit
Der Entscheid des Bundesgerichts ist ein Wendepunkt: Pflanzliche Produkte müssen sich klar und transparent deklarieren – nicht über Assoziationen zur Tierhaltung, sondern über eigene Identität. Das schafft Vertrauen und stärkt die Eigenständigkeit alternativer Produkte. Proviande wird sich weiterhin faktenbasiert, lösungsorientiert und im Dialog mit Behörden, Politik und Marktakteuren für eine sachgerechte Regulierung einsetzen.