Greenpeace Report «Der Futtermittelschwindel»

Greenpeace veröffentlichte 2021 eine Broschüre unter dem Titel «Der Futtermittelschwindel». Die Broschüre zeigt entgegen des reisserischen Titels, dass die überwiegende Mehrheit des in der Schweiz verfütterten Tierfutters aus der Schweiz stammt.

Greenpeace veröffentlichte eine Broschüre unter dem Titel «Der Futtermittelschwindel». Die «neuen» Erkenntnisse beruhen auf einer Studie, welche im Auftrag von Greenpeace bei der ZHAW, Institut für Umwelt und natürliche Ressourcen in Auftrag gegeben und 2021 unter dem Titel "Futtermittel Schweiz" veröffentlicht wurde. Die Broschüre zeigt entgegen des reisserischen Titels, dass die überwiegende Mehrheit des in der Schweiz verfütterten Tierfutters aus der Schweiz stammt. Proviande stellt einige Fakten klar.

«Schweizer Fleisch» ist kein Etikettenschwindel

Greenpeace sagt, Schweizer Fleisch sei ein «Etikettenschwindel», weil unsere Nutztiere nicht 100% inländisches Futter fressen würden und die Fleischproduktion hochgradig abhängig von importiertem Kraftfutter sei.

Proviande meint, dass gemäss offiziellen Quellen (Agristat, 2018) das Futter zu 84 % aus dem Inland stammt (berechnet als Tonnen Trockensubstanz) und letzlich hinter «Schweizer Fleisch» nicht nur Futter steckt. Hinter «Schweizer Fleisch» stecken auch höhere Tierschutzstandards, eine Produktion mit ökologischem Leistungsnachweis, strengere Kontrollen und eine hohe Lebensmittelsicherheit, unter anderem durch das Verbot der Abgabe von Antibiotika und Hormonen zur Leistungsförderung, aber auch durch den Verzicht auf GVO-Futter. Um hinter «Schweizer Fleisch» stehen zu können, stufen wir den Verlass auf diese Werte als wichtiger ein als ein Inlandanteil von 100 % bei der Fütterung. Es kann also nicht von einem «Etikettenschwindel» gesprochen werden.

Schweizer Nutztiere fressen den Menschen keine Nahrungsmittel weg

Greenpeace sagt, es sei bedenklich, dass ein grosser Teil der an Tiere verfütterten Rohstoffe direkt von uns Menschen gegessen werden könnten. Das gelte für Getreidearten wie Weizen, Mais, Reis, Hafer und Gerste, aber auch für Soja.

Proviande zeigt eine andere Seite: Die Schweizer Tierfutterproduktion verwertet viele Nebenprodukte aus der Lebensmittelherstellung. Beim Bierbrauen, bei der Mehlherstellung für Brot oder bei der Herstellung von Ölen und Käse – Nebenprodukte entstehen überall. Diese nützen dem Menschen nichts, sind aber für unsere Nutztiere sehr wertvoll. Dies kann sogar mit unabhängigen Quellen belegt werden.

“86% of livestock feed is not suitable for human consumption. If not consumed by live-stock, crop residues and by-products could quickly become an environmental burden as the human population grows and consumes more and more processed food.”

Quelle: Global food security, Liverstock: on our plates or eating at our table?

Dies bedeutet: Würden die für den Menschen nicht verwertbaren Teile nicht für die Tierfütterung verwendet, würden sie der Umwelt zulasten fallen, was ökologisch bedenklich wäre. Den Konsum von Öl, Bier und Brot will Greenpeace aber offenbar nicht einschränken.

    So viel Futter wird importiert

    Greenpeace sagt, dass die Schweiz über zu wenige fruchtbare Flächen verfüge, um ihren enormen Tierbestand zu versorgen. Futtergetreide und anderes wichtiges Kraftfutter werde daher massgeblich aus dem Ausland beschafft.

    • Greenpeace: «Fast 100 Prozent des Raufutters stammen aus dem Inland»
    • Greenpeace: «Kraftfutter kommt zu mehr als 50 Prozent aus dem Ausland»
    • Greenpeace: «Um alle Tiere zu ernähren, setzen die Tierhalter gemäss Agrarstatistik insgesamt pro Jahr rund 25 Millionen Tonnen Raufutter und 4 Millionen Tonnen Kraftfutter ein»

    Proviande stellt fest, dass die Werte, anders zusammengestellt, den hohen Inlandanteil des Futters bestätigen:

    • 96% des Raufutters stammt aus dem Inland, 4% ist Import.
    • Der Anteil des Kraftfutter über alle Tierarten gesehen macht rund 20% des Gesamtfutters aus. 45% dieses Kraftfutters stammen aus dem Inland, 55% ist importiert.
    • 25 Millionen Tonnen Raufutter und 4 Millionen Tonnen Kraftfutter sind Frischfutter. Diese Angaben sind für die meisten Belange jedoch weniger geeignet als die Trockensubstanz, welches die wichtigste Einheit der Futtermittelbilanz ist.

    Diese Zahlen, in Tabellenform übersichtlich dargestellt, zeigen ein Bild für die Schweizer Nutztierhaltung, auf das die Branche stolz sein kann.

    Futtermittel (Tonnen Trockensubstanz)InlandImportTotal
    andere Futtermittel0,9 Mio1 Mio1,9 Mio
    Raufutter5,7 Mio0,3 Mio6 Mio
    Gesamtfutter6,6 Mio1,3 Mio7,9 Mio
    Anteil84%16%100%

     

    Es ist erfreulich, dass bei neutraler Interpretation der von Greenpeace verwendeten Zahlen die Schweizer Landwirtschaft auf einen Inlandanteil von 84% stolz sein darf! Von einem «Futtermittelschwindel» kann also keine Rede sein.

    Wenn Fleisch, dann Schweizer Fleisch

    Greenpeace bemängelt, dass ungeachtet der bekannten Umweltprobleme einflussreiche Interessengruppen in der Schweiz weiterhin den Absatz von tierischen Produkten fördern. Proviande – die Branchenorganisation der Fleischwirtschaft – lanciere jedes Jahr aufwändige Werbekampagnen unter der Marke «Schweizer Fleisch», um die Vorzüge der einheimischen Fleischproduktion zu preisen und den Konsum anzukurbeln.»

    Proviande bestätigt, dass «Schweizer Fleisch» wie auch Schweizer Milch, Käse, Gemüse, Früchte, Raps und Getreide finanzielle Unterstützung vom Bund erhält und zwar gemäss Landwirtschaftsgesetz, Artikel 11.

    Diese Steuergelder werden nicht dafür eingesetzt, um den Konsum anzukurbeln. Die Aufgabe von Proviande ist es, mit der Marketingkommunikation «Schweizer Fleisch» den Anteil des heimischen Fleisches am Gesamtkonsum zu erhöhen. Das bedeutet: Wer Fleisch isst, soll Schweizer Fleisch bevorzugen. Dem Konsumenten sollen die Vorteile von heimisch produziertem Fleisch vermittelt werden: Beispielsweise haben in der Schweiz Tiere mehr Platz zur Verfügung als im Ausland. Die Tiere werden in bäuerlichen Strukturen in Familienbetrieben gehalten und die Anzahl Tiere pro Betrieb ist limitiert. Oder auch die Abgabe von Antibiotika und Hormonen zur Leistungsförderung ist verboten. Übrigens verbrauchen Herr und Frau Schweizer über die vergangenen Jahre konstant ungefähr 50 kg Fleisch pro Kopf und Jahr. Von einer Konsumsteigerung kann also keine Rede sein.

    Und - nicht nur beim Fleisch gilt - bewusster zu essen wäre in allen Belangen besser. Sogar der WWF sagt: «Wer auf frisches, per Flugzeug importiertes Gemüse oder Produkte aus geheizten Gewächshäusern verzichtet und in jeder Jahreszeit auf Saisonalität setzt, verursacht – bezogen auf den Gemüsekonsum – 8 bis 10 mal geringere Umweltbelastungen».